Chronik     und     Dokumente       -  Briefwechsel mit dem MLU

Offener Brief an das Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt
                                                                 Meisdorf, den 24. Mai 2004

Sehr geehrte Frau Ministerin Wernicke,
nach einer sehr informativen Veranstaltung, die das Aktionsbündnis "Rettet das Selketal" am 14. April organisiert hatte, gründete sich am 12. Mai eine Bürgerinitiative aus Einwohnern der vom Hochwasser 1994 betroffenen Orte, Vertretern der Tourismuswirtschaft, Heimatfreunden und Naturschützern. Als Sprecher dieser Bürgerinitiative wenden wir uns an Sie in diesem offenen Brief mit folgenden Fragen und Anliegen:

1. In der Mitteilung des Umweltministerium zum geplanten Wassergesetz ( MZ, 16. 04. 04 ) werden grundlegende Probleme des Hochwasserschutzes angesprochen, das Bauverbot für Überschwemmungsgebiete, aber auch die ehrenamtliche Verpflichtung betroffener Bürger durch die Gemeinden, europarechtliche Vorgaben zum Hochwasserschutz und ihre Integration in das neue Landesgesetz. Diese Anliegen möchten wir prinzipiell unterstützen, daher bitten wir Sie, uns den Entwurf dieses Gesetzes zukommen zu lassen.
Wir hoffen, daß dieses Gesetz auch eine neue, zeitgerechte Sicht auf die Probleme des Hochwasser- und des Naturschutzes für das Selketal und die Selkeaue eröffnet. Denn aus unserer Sicht sind in dem Hochwasseraktionsplan vom Dez. 2002 nicht alle Alternativen in ausreichendem Maße untersucht und bewertet worden.

2. Es ist uns nicht bekannt, ob und in welchem Umfang seit 1994 Maßnahmen des Hochwasserschutzes geplant oder realisiert wurden, die im Hochwasseraktionsplan (Ziff. 4.1.3) nur als Ergänzung erwähnt wurden:

* administrative Maßnahmen
Nutzungsbeschränkungen (Festsetzung von Überschwemmungsgebieten)
Freimachen und Freihalten von gefährdeten Flächen, d.h. Umsiedlung, Beseiti¬gung von Abflußhindernissen etc.
Bauvorschriften für gefährdete Objekte
* lokale (Bau)maßnahmen
lokale Eindeichung von Einzelobjekten
Mindesthöhenlage der Nutzgeschosse von Bauwerken
äußere und innere Schutzvorkehrungen bei Einzelobjekten
überflutungs und auftriebssichere Gestaltung wichtiger Anlagen
* Hochwasserverteidigung
Hochwasserwarndienst und detaillierte Einsatzpläne, eine Vergrößerung der Vorwarnzeit soll z.B. durch den Bau eines zusätzlichen Pegels oberhalb der Ortslage Güntersberge erreicht werden.
HW Warnung aus Niederschlagsvorhersage
Sicherungsmaßnahmen, Bereitstellung von Material (z.B. Sandsäcke)

Deshalb bitten wir um Erläuterung, welche der o.g. Maßnahmen bereits durchgeführt, begonnen oder geplant sind, da sie wegen ihrer generellen Notwendigkeit, Effizienz und ihrer geringen Kosten vorrangig sein sollten.

3. Wir sind der Ansicht und fordern, daß wegen der Auswirkungen, die eine Entschei¬dung für oder gegen ein Hochwasserrückhaltebecken bei Meisdorf auf die Selkeaue hat, nur ein Raumordnungsverfahren alle relevanten Probleme umfassend beurteilen kann. Ein Planfeststellungsverfahren reicht hier nicht aus.

4. Die Aussage im Hochwasseraktionsplan (Ziff. 5) :
Die dezentralen Maßnahmen in den Ortslagen ohne das Rückhaltebecken Meisdorf haben in der Gesamt¬betrachtung keinerlei nachhaltige Wirkung, schränken die Entwicklungsmöglichkeiten inner und außerorts ein und geben keine Gewähr einer dauerhaften Verbesserung des HW Schutzniveaus; sie stellen eine end of pipe Lösung dar.
ist ohne detaillierten Nachweis der Effektivität und der Kosten nicht akzeptabel. Insbeson¬dere der angeführte Naturraum-Verbrauch wurde nicht belegt.

5. Der Hochwasseraktionsplan schließt mit den Worten (Ziff. 5) :
Das Kernstück für den HW Schutz im Selkegebiet ist die Schaffung von Voraussetzungen zum Rückhalt von Wasser durch den Bau der RHB Straßberg und Meisdorf.
Die ökonomischen bzw. ökologischen Parameter stellen hier ein Optimum dar.
Diese Einschätzung ist in den Unterlagen weder schlüssig belegt noch gibt es irgendwelche nachvollziehbaren Hinweise, wie das "Optimum" ermittelt wurde. Für beide Parameter sind keinerlei Nachweise geführt.
In der Hochwasserschutzstudie von Dresden Dorsch Consult (S. 15) ist zu lesen:
Die genannten Kosten sind Vergleichskosten; sie entsprechen nicht den Investitionskosten, da Kosten für Planungsleistungen, Grunderwerb, Folgekosten und Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen nicht enthalten sind.
Bei der Störung eines Europäischen Schutzgebietes wie dem Selketal, werden Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen von einer z.Z. nicht absehbaren, aber sicher enormen Höhe auf¬treten. Deshalb sind diese Kostenvergleiche ohne Aussagekraft.

Eine Untersuchung auf FFH-Verträglichkeit und sonstige Auswirkungen auf die Naturaus¬stattung des Selketals sind bisher nicht erfolgt, so daß die Behauptung, dies sei die ökolo¬gischste Variante, keine Berechtigung hat.

6. Das Hochwasser 1994 wurde als ein HQ 200 eingestuft. Der Hochwasserschutz der Zielvorgabe soll aber einem HQ 100 entsprechen und die Variante VI der Studie Hochwas¬ser Selke – nur mit einem HRB bei Straßberg - erreicht einen Hochwasserschutz von HQ 50 (S. 35). Um das konkrete Gefährdungspotential für die Bewohner der betroffenen Gemeinden und die Chancen eines individuellen Schutzes beurteilen zu können, bitten wir, den potentiell betroffenen Bürgern Karten zur Verfügung zu stellen oder Einsicht zu gewähren, in denen die Überflutungsgebiete in den genannten HQ-Stufen eingezeichnet sind.

Angesichts der noch vielen offenen Fragen halten wir es für erforderlich, daß der Hoch¬wasseraktionsplan überarbeitet wird und in einer neuen Aufgabenstellung in Abwägung der Belange von Hochwasserschutz, Tourismuswirtschaft und Naturschutz ein realistischer und allseits akzeptabler Umfang von Maßnahmen festgelegt wird.

Mit freundlichem Gruß
Kühne
1. Sprecher der Bürgerinitiative

 

  Antwortbrief der Ministerin Petra Wernicke vom 29. Juni 2004


Sehr geehrter Herr Kühne,
Ihr Schreiben vom 24.05.2004, in dem Sie sich mit Fragen zur Novelle des Wassergesetzes für das Land Sachsen-Anhalt und zu den geplanten Hochwasserschutzmaßnahmen an der Selke an mich wenden, habe ich erhalten.
Ihrem Wunsch nach der Zusendung des Entwurfes der Novelle des Wassergesetzes für das Land Sachsen-Anhalt kann ich leider zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht entsprechen. Derzeit befindet sich der Entwurf im Anhörungsverfahren mit den Verbänden. Im Ergebnis dieser Anhörung kann es noch zu Änderungen oder Korrekturen der Novelle kommen. Ich habe aber veranlasst, dass Ihnen eine Fassung zugeht, sobald der endgültige Entwurf vorliegt.
Bezüglich Ihrer Ausführungen und Fragen zu den geplanten Hochwasserschutzmaßnahmen an der Selke teile ich Ihnen Folgendes mit:
Vorrangiges Ziel im Selketal muss die Vermeidung von schädigenden Hochwasserereignissen sein. Die in dem Hochwasseraktionsplan der Selke aufgeführten örtlich und regional wirkenden Hochwasserschutzmaßnahmen reichen allein nicht aus, um den erforderlichen Hochwasserschutz zu gewährleisten. Deshalb ist zusätzlich die Errichtung von grünen Rückhaltebecken bei Strassberg und oberhalb von Meisdorf geplant. Parallel zur Erweiterung des Rückhaltevermögens sollen lokale wasserbauliche Maßnahmen zur Erhöhung des bestehenden Schutzgrades in den Ortslagen durchgeführt werden.
Diese Becken sollen keineswegs Stauwerke sein, die das Tal der Selke ständig unter Wasser setzen, was die Lebensräume oder die touristische Nutzung in der Tat drastisch verändern würde. Der Ablauf soll so konzipiert werden, dass die Rückstauwirkung erst bei einer bedrohlichen Hochwassersituation einsetzt.
Bevor die geplanten Hochwasserrückhaltebecken gebaut werden, ist erst die Durchführung eines Genehmigungsverfahrens erforderlich. In diesem Verfahren ist selbstverständlich auch eine FFH-Verträglichkeitsprüfung vorzunehmen.
Im Rahmen des Genehmigungsverfahrens ist ebenfalls eine umfassende Beteiligung der Öffentlichkeit zwingend vorgesehen. Jeder, dessen Belange durch das Vorhaben berührt werden, kann Einwendungen erheben, die dann einer eingehenden Prüfung unterzogen werden.
Das Ergebnis des Genehmigungsverfahrens ist offen.
Im Rahmen der im Hochwasseraktionsplan Selke genannten kurzfristigen Maßnahmen sind bereits Bewirtschaftungsänderungen an Harzteichen realisiert worden, die den Hochwasserrückhalteraum in bestehenden Anlagen verbessern.
Darüber hinaus findet entlang der Selke eine Vielzahl weiterer Maßnahmen zur Verbesserung des Hochwasserschutzes statt. Diese bestehen u. a. in jährlich durchzuführenden Grundräumungsarbeiten in den Ortslagen, der Vorbereitung von Reparatur und Sanierung von Wehranlagen in der Selke bei gleichzeitiger Verbesserung der ökologischen Durchgängigkeit.
Mit freundlichen Grüßen
Petra Wernicke

 


 

Meisdorf, den 24. Nov. 2004

Sehr geehrte Frau Ministerin Wernicke !

Für Ihr Schreiben vom 29. Juni 2004 möchten wir Ihnen danken.

Den Vorrang der Vermeidung von Hochwasserschäden können auch wir unterstreichen. Jedoch war unser Bestreben in der Selketalkonferenz, in den Gesprächen mit dem LHW und in den Briefen an Sie, daß schon im Zeitraum der Vorplanung und Lösungsfindung die anderen Belange ihrem Stellenwert entsprechend berücksichtigt werden. Das ist bisher nicht geschehen. In der Selkestudie werden mehrere Varianten vorgestellt, darunter auch solche, in denen bei Verzicht auf das HRB bei Meisdorf ein zumutbarer Schutz gewährleistet ist und zudem die Belange des europäischen Naturschutzes und des regionalen Wirtschaftsfaktors Tourismus in der Problemlösung zu ihrem Recht kommen.
Gegenstand des Hochwasseraktionsplans Selke ist aber nur noch - ohne Alternativen - das HRB Meisdorf. Ein darauf gestütztes Planfeststellungsverfahren würde die verschiedenen Varianten der Selkestudie nicht untersuchen. Auch würde es den Empfehlungen der Länderarbeitsgemeinschaft Wasser (in der auch Sachsen-Anhalt vertreten ist) vom November 2003 nicht gerecht werden. Diese
"Instrumente und Handlungsempfehlungen zur Umsetzung
der Leitlinien für einen zukunftsweisenden Hochwasserschutz"
enthalten u. a. folgende Hinweise und Forderungen:

"Technischer Hochwasserschutz wird von der Bevölkerung häufig als absoluter Schutz empfunden, so daß die früher vorhandene Eigenvorsorge gegen Hochwasser verlernt wird und das Schadenspotential anwächst. Auf diese Weise kann es in den geschützten Gebieten zu den größten Hochwasserschäden kommen." - S. 13

"Vor dem Bau von Hochwasserschutzanlagen ist zu prüfen, ob das Hochwasserrisiko nicht durch hochwasserangepaßte Gestaltung reduziert werden kann, so daß Hochwasserschutzanlagen nicht erforderlich werden." - S. 21

"Grundlage für die Bemessung von Hochwasserschutzanlagen muß eine Risikopartnerschaft von zuständiger Verwaltung und Betroffenen sein, verbunden mit einem Existenzschutz z.B. durch eine Versicherung." – S. 22

Unseres Erachtens genügt schon der Hochwasseraktionsplan Selke nicht den o. g. Empfehlungen. Er muß unter Berücksichtigung dieser Empfehlungen überarbeitet werden. Deshalb richten wir noch einmal den Appell an Sie, das Planfeststellungsverfahren zu stoppen und ein Raumordnungsverfahren einzuleiten. So können Sie wissenschaftlich fundiert und sauber abgewogen den Bürgern, Lokalpolitikern und der EU eine optimale Hochwasserschutzmöglichkeit aufzeigen und diese umsetzen.

Darüber hinaus möchten wir anregen, den Damm, mit dem die B6n die Selkeaue überquert, so auszugestalten, daß er auch als Damm für ein HRB geeignet ist. Damit könnte eine Stauhöhe von ca. 4 m erreicht und die Hochwassergefahr für Gatersleben entscheidend verringert werden, ohne daß Hoym in Mitleidenschaft gezogen würde. In diesem Zusammenhang richten wir an Sie die Frage, ob der Biopark Gatesleben mit lokalem Hochwasserschutz geplant ist.

Mit freundlichem Gruß
Kühne

 

 Magdeburg, 10.1.2005

Sehr geehrter Herr Kühne,

bezüglich Ihres Schreibens vom 24.11.2004, in dem Sie sich zu den geplanten Hochwasserschutzmaßnahmen im Selketal äußern, teile ich Ihnen Folgendes mit:

Im Hochwasseraktionsplan Selke sind auf der Grundlage der Selkestudie sowie weiterer Untersuchungen zur Verbesserung des Hochwasserschützes für die Ortslagen an der Selke die wirksamsten Maßnahmen zusammengefasst, d.h. der Hochwasseraktionsplan basiert auf umfangreichen hydrologischen Untersuchungen zu Retentionsmöglichkeiten und umweitverträglichen wasserbaulichen Schutzmaßnahmen.

Wesentliche Elemente sind mögliche Standorte von Rückhaltebecken unter Einbeziehung einer für den Hochwasserschutz optimierten Steuerung der Harzteiche. Die in der Planungsphase befindlichen Schutzmaßnahmen sind nach Auswertung und Prüfung verschiedenster Varianten als Optimum aus Sicht des Hochwasserschutzes sowie der Eingriffsvermeidung/-minimierung zu werten und berücksichtigen natürlich auch den Wirtschaftlichkeitsfaktor.

Die Standorte der Hochwasserrückhaltebecken Straßberg und Meisdorf sind Ergebnis einer Niederschlags-Abflussmodellierung und spiegeln die Untersuchungen zur Hochwasserentstehung wider.

Eine Nutzung von Straßendämmen zum Hochwasserschutz, wie beispielsweise an der B180 zwischen Volkstedt und Hettstedt (Gewässer Wilder Graben) oder am geplanten grünen Rückhaltebecken an der L 8 für die Ortslage Salzwedel, ist bei entsprechendem konstruktiven Aufbau durchaus möglich. Der von Ihnen angesprochene Ausbau des Straßendammes der B6n würde jedoch nur Gatersleben schützen und kann die genannten Hochwasserrückhaltebecken in Straßberg und Meisdorf zum Schutz der übrigen Ortslagen im Selketal insgesamt nicht ersetzen.

Zum Schutz des Bioparks Gatersleben sind seitens des Landes Sachsen-Anhalt keine Hochwasserschutzmaßnahmen vorgesehen. In diesem Zusammenhang verweise ich auf die kommunale bzw. betriebliche Verantwortung zur Herstellung des erforderlichen Schutzniveaus.

Bezüglich ihrer Forderung nach einem Raumordnungsverfahren kann ich Ihnen mitteilen, dass für das Hochwasserrückhaltebecken derzeit eine raumordnerische Prüfung durchgeführt wird. Das Ergebnis soll im I. Quartal 2005 vorliegen.

Mit freundlichen Grüßen

Petra Wernicke

     
Ende September 2007 verursachten starke Regenfälle im Bereich der Selke und Bode ein Hochwasser.
Wir zogen daraus unsere Schlußfolgerungen und wir richteten  folgenden Brief an das Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt:

Sehr geehrte Frau Ministerin Wernicke!                                                          26. Okt. 2007

Das Hochwasser der Selke am Wochenende vom 29. September 2007 hat bei vielen Menschen die Erinnerung an das Hochwasser 1994 wachgerufen. Dabei waren Höhe und Auswirkungen wesentlich geringer als damals; sicher auch, weil Feuerwehr und THW diesmal besser darauf vorbereitet waren.

Die Hochwasservorhersagezentrale hat folgende Zahlen offiziell bekanntgegeben:
1. in Silberhütte HQ 10
2. in Meisdorf HQ 5
3. in Hausneindorf HQ 50
 
Die offensichtlichen Schlußfolgerungen daraus sind:
1. Ein HRB oberhalb von Silberhütte im Uhlenbachtal würde die Hochwassergefahr aller darunter liegenden Orte wesentlich verringern.
2. In Meisdorf erreichte der Pegelstand lediglich eine Höhe, bei der ein HRB oberhalb von Meisdorf noch gar nicht in Funktion treten würde.
3. Die Wassermassen in Hausneindorf stammen weit überwiegend aus der Selkeaue selbst.
4. Die meisten der aus Unterharz und Vorland und aus dem Selketal gemeldeten Über­schwemmungen und Schäden lagen nicht im Bereich des Flußlaufs der Selke sondern an Nebenbächen, Seitengräben u.a.. Das derzeitige Hochwasser-Geschehen zeigte, dass die Vernachlässigung der Ufer und Gräben, die mangelhafte Wartung und folglich die Ver­stopfung zahlreicher Bachdurchlässe, die Außerachtlassung und Nichtnutzung des Rück­haltevolumens der Harzteiche sowie Planungsfehler, z.B. bei der Bemessung neu gebauter Brücken, Veranlassung für die meisten Einsätze der Hilfskräfte waren.

Die Menschen fragen sich aber auch, warum nicht längst Vorsorge getroffen worden ist oder mindestens die wichtige und notwendige Pflege und Unterhaltung der Gräben, Ufer und Durchlässe regelmäßig und verantwortungsvoll geschieht.

Eine unvoreingenommene Analyse des letzten Hochwassers müßte zu dem Schluß kom­men, daß ein HRB in Meisdorf die Schäden nicht verhindert hätte und daher für einen effektiven Hochwasserschutz nicht erforderlich ist. Daß ein solches Bauwerk einmalige Natur zerstört und darüber hinaus die Wirtschaftskraft der Unterharzregion nachhaltig schwächt, haben wir in unseren früheren Schreiben mehrfach ausführlich dargelegt. Wir sind der Meinung, dass die für den Bau des HRB bereitgestellten Gelder (ca. 10 Millionen Euro) effektiver für lokale Maßnahmen eingesetzt werden würden.

Ihr Ministerium nimmt jetzt das letzte, zum großen Teil selbst verschuldete Hochwasser zum Anlaß (MZ vom 15. Okt.), die Dringlichkeit des Baus des HRB Meisdorf darzustellen und "hält an seinem Konzept fest, insgesamt 42 Millionen Euro in den Bau von Hochwasserrückhaltebecken zu investieren".

Müssen wir also an der Aussage in Ihrem Schreiben vom 23. Febr. 2006: "Das Ergebnis dieses Genehmigungsverfahrens ist, entgegen der durch die Bürgerinitiative geäußerten Befürchtung, offen." zweifeln?

Wir bitten Sie daher dringend dafür Sorge zu tragen, daß im Genehmigungsverfahren die möglichen alternativen Varianten mit der erforderlichen Aussagekraft untersucht und dargestellt werden.

Mit freundlichem Gruß
Detlef Mahlo
Geschäftsführer
  Einige unserer Feststellungen (eigene Beobachtungen und aus der Presse):
Es gab in den Wetterprognosen Hinweise auf diese Regenmengen. Das Speichervolumen in den Harzteichen wurde nicht dafür reserviert; der Teufelsteich und andere Stauteiche waren randvoll. Eine weitere provozierte Ursache waren die ungepflegten Gewässer 2. Ordnung, die kleinen Bäche, die aus den Bergen in die Flüsse fließen oder in den Orten eine wesentliche Entlastung gebracht hätten. Glücklicherweise waren im Selkebereich nur kleinere Schäden an einigen Stellen entstanden, Dank des schnellen und effektiven Einsatzes von Feuerwehr und THW. Die Feuerwehr schätzte ein: "Meistens verstopften Äste, Laub und Unrat die Durchlässe von Brücken und Rohren."

Daher traten einige Schäden auf:
1. Schäden in Bereichen, die oberhalb eines Dammes bei Meisdorf liegen:
   Selkemühle – Der Deich mußte vom THW geschützt werden.
   Alexisbad – Die Kapelle wurde mit Sandsäcken geschützt.
   Silberhütte – Wegen des zu geringen Querschnitts der neuen Brücke trat die Selke über die Ufer und überschwemmte die Geleise.

2. Schäden Meisdorf bis Selkemündung
   Meisdorf – Die Selke trat über die Ufer und überschwemmte die lange Wiese. Die Straße vor dem ehemaligen Schwimmbad wurde durch vom Berg direkt herabströmende Wasser überschwemmt.
   Ermsleben – Einige Keller wurden überschwemmt.
   Reinstedt – Keine Schäden.
   Hoym – Die Retentionsfläche zwischen Hoym und Nachterstedt war ebenso überschwemmt wie die ortsseitigen Grundstücke und Keller vor dem Sportplatz Hoym.
   Gatersleben – An der tiefsten Stelle des Ortes wurden Keller und die Straße überschwemmt.

3. Schäden in Bereichen, die mit der Selke keine bzw. sekundäre Beziehung haben:
   Stecklenberg – Der Wurmbach beschädigte die Straße und eine Brücke sehr stark.
   Gernrode - Verrohrung des Hagenbaches konnte die Wassermassen nicht fassen.
    Quedlinburg – Auf dem Kleers mußten Keller leergepumpt werden.
    Ballenstedt – Die Verrohrung der Getel konnte die Wassermassen nicht fassen und überschwemmte die Straße.

Ein zusätzlicher Damm bei Meisdorf ist die wirklich falscheste Hochwasserschutz-Entscheidung.
     


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