Chronik

Gemeinsame Erklärung des Runden Tisches im Rahmen des Selke-Dialogs
für einen nachhaltigen Hochwasserschutz an der Selke vom 25.Juni 2018

I Veranlassung
Im April 1994 kam es im Selketal zu einem außerordentlichen Hochwasser mit zum Teil katastrophalen Folgen. Bei den Bewohnerinnen und Bewohnern wuchs die Angst vor weiteren derart starken Hochwasserereignissen und es wuchs die Erwartung nach effektivem Hochwasserschutz gegenüber den zuständigen Stellen. Infolgedessen wurde die Hochwasserschutzkonzeption Selke veranlasst. Zwei Hochwasserrückhaltebecken (HRB) (Straßberg und Meisdorf) wurden detailliert geplant. Diese beiden HRB würden effektiven Hochwasserschutz leisten. Gleichzeitig stellen sie erhebliche Eingriffe in den naturschutzfachlich hochsensiblen und landschaftlich wertvollen Naturraum des Selketals dar. Das Selketal hat einen besonders hohen, internationalen Schutzstatus.
Hochwasserschutz und Naturschutz geraten bei dieser Planung in sehr erhebliche Spannung. Die bisherigen Planungen konnten diese Problemstellung nicht abschließend lösen.
In dieser Situation und um die Stagnation an der Selke aufzulösen, initiierte Frau Ministerin Prof. Dr. Dalbert den Selke-Dialog am 13. Juni 2017, setzte den Runden Tisch ein, zu dem sie die Bürgermeister der betroffenen Gemeinden, Vertreter von Interessenverbänden und die Bürgerinitiativen einlud und berief den Moderator.
Ziel war es, innerhalb eines Jahres im Rahmen des Runden Tisches alternative Maßnahmen zu erörtern, tragfähige Lösungsvorschläge für einen nachhaltigen Hochwasserschutz an der Selke zu erarbeiten und Frau Ministerin Prof. Dr. Dalbert zur Prüfung im weiteren Planungsprozess zu übergeben.

II Der Prozess
Der Runde Tisch erörterte ergebnisoffen die vorliegenden Maßnahmen und ergänzenden Möglichkeiten im Zusammenhang mit den bisher geplanten Rückhaltebecken Straßberg und Meisdorf, um einen HQ100-Hochwasserschutz bereits vor Meisdorf zu erreichen, um die Ortschaften im Unterlauf der Selke (unterhalb des jetzt angegebenen alternativen HRB Lange Wiese) zu schützen, sowie die Vorschläge zu alternativen Standorten der geplanten HRB zu prüfen. Dem Moderator gelang es, die Debatten über die stark divergierenden Positionen und Ziele in gegenseitigem Respekt und einer lösungsorientierten Diskussionskultur zu leiten. Hervorzuheben ist dabei die Bereitschaft, die Erörterungen in hoher Fachlichkeit bei den vielfältigen wasserwirtschaftlichen, naturschutzfachlichen oder rechtlichen Fragen durchzuführen. Am Runden Tisch fand ein Lern- und Verstehensprozess statt, der Annäherungen ermöglichte ohne die eigenen Positionen grundsätzlich aufzugeben.
Die Teilnehmer und Teilnehmerinnen trafen sich in der einvernehmlichen Überzeugung, dass im Grundsatz Hochwasserschutz und Naturschutz berechtigte Anliegen und im Sinne des Runden Tisches prioritär sind. Dabei sollen Tourismus, Landschaftsästhetik (möglichst geringe Beeinträchtigung der Heimat), lokale Wirtschaft und Grundbesitzer (Erhaltung und Sicherheit des Eigentums) gebührende Beachtung finden.
Der Runde Tisch tagte im zurückliegenden Jahr neun Mal. In drei öffentlichen Veranstaltungen wurde der Bevölkerung die Gelegenheit zu Information und Diskussion gegeben.

III Das Ergebnis
In einem gestuften Auswahlverfahren verständigte sich der Runde Tisch auf zu untersuchende Maßnahmen und Varianten, die nach fachlichen Abwägungen, Ortsbegehungen und intensiven Debatten ausgewählt wurden (siehe Übersicht Anlage 1). Dies geschah für die weitere Betrachtung in dem Bewusstsein, dass der Selke-Dialog zu einer Beschleunigung des Genehmigungsverfahrens für den Hochwasserschutz beiträgt, wenn sich der Runde Tisch einvernehmlich auf wenige mit Vorrang zu prüfende Maßnahmen verständigt.
Für eine zügige Verbesserung des Hochwasserschutzes befürworteten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer bereits früh im Prozess einstimmig, dass das Planfeststellungsverfahren HRB Straßberg weitergeführt werden soll.
Der Runde Tisch fordert als zentrales Anliegen den Schutz vor einem HQ100-Hochwasser für alle Ortschaften entlang der Selke, unter Einbeziehung der erarbeiteten Vorschläge, zu gewähren. Für die Orte ab der Ortslage von Meisdorf (unterhalb des alternativen HRB Lange Wiese) ist der HQ100-Hochwasserschutz mit möglichst geringer technischer Ausprägung des innerörtlichen Hochwasserschutzes zu erreichen.

Somit empfiehlt der Runde Tisch zur fachlichen und rechtlichen Prüfung folgende Einzelmaßnahmen und deren Kombinationsmöglichkeiten sowie Maßnahmenminimierungsmöglichkeiten (siehe Maßnahmeblätter Anlage 2):
• HRB Straßberg
• HRB Uhlenbach
• HRB Meisdorf
• HRB Lange Wiese
• HRB Ermsleben
• Steinverwallungen und Querriegel

Darüber hinaus hat die Arbeit am Runden Tisch gezeigt, dass weitere Faktoren beachtet und verbessert werden müssen. Daher werden vom Runden Tisch folgende Rahmenbedingungen formuliert:
•    Ziel der Hochwasserschutzmaßnahmen ist, den Ausbau des innerörtlichen Hochwasserschutzes (Silberhütte, Alexisbad, Mägdesprung, Meisdorf, Ermsleben, Reinstedt, Hoym, Gatersleben, Hausneindorf, Hedersleben) so gering wie möglich zu halten. Dieses hat höchste Priorität.
•    Die ackerbauliche Nutzbarkeit soll erhalten bleiben und bei Inanspruchnahme soll ein vollständiger Ausgleich des Produktionsausfalls erfolgen.
•    Notwendige A&E-Maßnahmen sollten nicht auf landwirtschaftlichen Nutzflächen erfolgen.
•    Im Rahmen der weiteren Planungen für Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen sollen bestehende Gewässer- und Umfeldstrukturen ökologisch und Wasser rückhaltend aufgewertet und entwickelt bzw. zugelassen werden.
•    Alle Maßnahmen und Maßnahmekombinationen sollen der Biodiversitätsstrategie des Bundes und des Landes nicht entgegenstehen.
•    Es wird erwartet, dass bei eventuell auftretenden Verunreinigungen, Belastungen oder Ablagerungen auf den im Ereignisfall für den Rückstau betroffenen Flächen der Eigentümer und der Bewirtschafter der landwirtschaftlich genutzten Flächen für alle durch den Rückstau eventuell entstandenen Probleme haftungsfrei gestellt werden.


Darüber hinaus fordern die nichtbehördlichen Mitglieder des Runden Tisches von Frau Ministerin Prof. Dr. Dalbert über die Landesregierung sicherzustellen, dass die Umsetzung der erforderlichen nachhaltigen Hochwasserschutzmaßnahmen an der Selke durch die zuständigen Landesbehörden bestmöglich unterstützt und vom Talsperrenbetrieb Sachsen- Anhalt (TSB) mit höchster Priorität umgesetzt werden. Der Runde Tisch erwartet darüber hinaus, den TSB so auszustatten, dass eine Umsetzung zügig erfolgen kann.
Der Runde Tisch spricht sich dafür aus, dass nach Beendigung des Selke-Dialoges für den weiteren Planungsprozess ein begleitender Beirat eingerichtet wird und die Mitglieder durch das MULE berufen werden.

Unterschriften :

BI Gatersleben (und Seeland) Pro Hochwasserschutz
BI Naturnaher Hochwasserschutz Selke
BI Pro Hochwasserrückhaltebecken der Stadt Falkenstein/HarzStadt
Stadt Seeland
Stadt Harzgerode
Stadt Falkenstein/Harz
Salzlandkreis
Landkreis Harz
Walbesitzerverband für Sachsen- Anhalt e.V.
Harzklub e.V.
Bauernverband Sachsen-Anhalt e.V.
BUND Sachsen-Anhalt e.V.
Bauernbund Sachsen-Anhalt e.V.
Landesamt für Umweltschutz Sachsen- Anhalt
Landesbetrieb für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft Sachsen-Anhalt,
Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft und Energiei Referat Hochwasserschutz
Moderator

Die Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft und Energie des Landes Sachsen-Anhalt, Frau Prof. Dr. Dalbert, nimmt diese Erklärung dankend entgegen
Gatersleben, 25. Juni 2018

   


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